Schichtwechsel 2025: Spitzenbeteiligung auch zwischen Sinntal und Hanau
Werkstatt-Beschäftigte des BWMK und Arbeitnehmer:innen aus der Region lernen die Arbeitswelt des/der jeweils anderen kennen / Inklusion ist kein Fremdwort

In der Küche brutzelt der Speck fürs Rührei, das Gemüse wartet darauf, gewürfelt zu werden, und frischer Milchschaum wird sorgsam auf den Cappuccino gelöffelt: An diesem Morgen herrscht Hochbetrieb in Babsis Café. Und mittendrin zwei junge Frauen, die anlässlich des bundesweiten Aktionstags Schichtwechsel ein Praktikum in dem Schlüchterner Gastro-Betrieb machen.
Seit 2019 wird der Schichtwechsel von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für behinderte Menschen (BAG WfbM) koordiniert, und auch das BWMK beteiligt sich. „Mit mehr als 20 Firmen und Betrieben, aus denen 30 Schichtwechsler in die Werkstätten kommen, und 38 Werkstatt-Beschäftigten, die eine neue Arbeitsumgebung kennenlernen, verzeichnen wir erneut eine Spitzenbeteiligung“, freut sich Sascha Schüßler, Leiter der Geschäftsbereichs Arbeit im BWMK. Bundesweit haben dieses Jahr rund 2700 Werkstatt-Beschäftigte aus 370 Werkstätten und rund 2100 Mitarbeitende des allgemeinen Arbeitsmarkts teilgenommen.
Blick für den jeweils anderen und seine berufliche Situation schärfen
Der Zweck der Aktion: Menschen in der Arbeitswelt neue Perspektiven bieten und den Blick für den jeweils anderen und seine berufliche Situation zu schärfen. Dass das dem gesamten Team guttut, berichtet Barbara Raab. Die Unternehmerin beschäftigt in ihrem Café seit acht Jahren eine Mitarbeiterin mit Behinderung. „Das bringt Herausforderungen mit sich, schweißt uns aber auch als Belegschaft zusammen“, sagt sie. Mit Menschen mit Behinderungen zusammenzuarbeiten, fordere ständig dazu auf, feinfühlig zu sein und respektvoll miteinander zu kommunizieren. „Davon profitieren wir alle“, ist Barbara Raab überzeugt. Auch für die Schichtwechslerinnen gestaltet sich der Arbeitstag abwechslungsreich. Elisabeth Herchenröder hat schon in mehreren Betrieben des BWMK gearbeitet und auch als Frauenbeauftragte gewirkt. Eine Tätigkeit in der Gastronomie kann sie sich auch vorstellen. „Es macht mir viel Spaß“, erklärt sie. Denn auch dazu dient der Schichtwechsel: Um Brücken auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu bauen.
Brücken auf den allgemeinen Arbeitsmarkt bauen
Im chemisch-technischen Unternehmen Rohm und Werner in Sinntal-Sterbfritz ist Inklusion in der Arbeitswelt ebenfalls kein Fremdwort. „Wir haben schon Vorbereitungen getroffen, um einen Mitarbeiter mit Behinderung zu beschäftigen“, erklärt Betriebsleiter Raif Moaremoglu. Mit dem BWMK bestehe bereits länger Kontakt, da das Sozialunternehmen verschiedene Dienstleistungen für Rohm und Werner übernimmt. In dem chemisch-technischen Betrieb, der zurzeit 35 Mitarbeiter:innen beschäftigt, werden im Auftrag anderer Unternehmen Wasch- und Reinigungsmittel abgefüllt und auch unter dem Markennamen Rowe selbst hergestellt. Heute lernt Jonas Schlößler den Betrieb kennen und geht zwei Mitarbeiterinnen beim Befüllen von Eimern zur Hand.
Große Bandbreite an Unternehmen
Die Bandbreite der Unternehmen, die sich am Schichtwechsel beteiligen, ist groß: Erneut dabei ist beispielsweise die Firma SFM medical devices aus Wächtersbach, die medizinische Einmalprodukte wie Kanülen und Filtersysteme herstellt, oder der Maschinenbau-Betrieb Mato aus Mühlheim bei Offenbach. Sehr gespannt auf seinen Einsatz ist auch Paul Salamon, der im Café Lili Marleen des BWMK arbeitet und sich sehr für den öffentlichen Nahverkehr interessiert. Er macht ein Praktikum bei der Hanauer Straßenbahn GmbH (HSB) und lernt den Busbetrieb kennen.
Interessante Erfahrungen sammeln die Schichtwechsler auch in der Firma Aquanesa in Bruchköbel. „Ich habe festgestellt, dass Menschen mit Behinderungen ihre Aufgabe sehr ernst nehmen und sorgfältig vorgehen“, berichtet Marc Schneeweis. Er arbeitet beim Schichtwechsel mit vier Werkstatt-Beschäftigten zusammen – gemeinsam werden mobile sanitäre Gerätschaften wie Waschbecken, Duschzelte und tragbare Toiletten montiert, die von Aquanesa entwickelt wurden und in Krisengebieten und Notsituationen zum Einsatz kommen. Auch Schneeweis kann sich vorstellen, Menschen mit Behinderung langfristig im Betrieb zu beschäftigen.