„Mut zur Zukunft – aber wie?“

Stephan Freude rief beim Jahresempfang des BWMK in Hanau dazu auf, Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen

Voller Saal: Der Einladung zum Jahresempfang des BWMK waren zahlreiche Gäste gefolgt.

Mut zur Zukunft – das klingt herausfordernd angesichts der globalen Lage mit ihren vielen Kriegen und Krisen. Stephan Freude, Gastredner beim Jahresempfang des BWMK im Brockenhaus Hanau, setzte mit seinem Beitrag einen wohltuenden Kontrapunkt gegen gefühlte Machtlosigkeit und allgemeines Verzagen: „Wir dürfen die Verantwortung zu uns zurückholen und ein gutes Leben führen“, so seine Botschaft vor rund 250 Gästen.

Wie immer waren zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft der Einladung der BWMK gGmbH gefolgt – dazu zählten die Bundestagsabgeordneten Johannes Wiegelmann und Pascal Reddig (beide CDU), Hanaus Bürgermeister Dr. Maximilian Bieri (SPD), Stadträtin Isabelle Hemsley (CDU), Stadtverordnetenvorsteherin Beate Funck (SPD), die Landtagsabgeordneten Max Schad und Heiko Kasseckert (beide CDU), sowie Landrat a.D., Karl Eyerkaufer (SPD).
Durch seinen ruhigen und konzentrierten Vortragsstil zog Stephan Freude das Publikum in seinen Bann. Sowohl im großen Saal des Brockenhauses, als auch im Garten, wo die Rede auf dem Monitor verfolgt werden konnte, war es mucksmäuschenstill.


Gastredner Stephan Freude.

"Es kommt darauf an, wie ich mit meinem Leben umgehe"
Ein gutes Leben führen – wie geht das? Zunächst durch den Willen, so Freudes Überzeugung. Der Rollstuhl-Fahrer, der im Alter von 22 Jahren einen Motorrad-Unfall hatte und seitdem querschnittsgelähmt ist, mischte in seinem Vortrag persönliche Erfahrungen mit philosophischen Ausführungen und lebenspraktischen Tipps. „Es ist die Frage, worauf ich meinen Fokus lenke. Ich bin ja für mein Leben verantwortlich, egal ob ich im Rollstuhl sitze oder nicht. Ich habe über 24 Jahre zu diesem Thema geforscht und würde behaupten, dass es nicht darauf ankommt, ob ich ein Handicap habe, sondern darauf, wie ich mit meinem Leben umgehe.“
Heute lebt Stephan Freude mit seiner Familie in der Schweiz und arbeitet als Berater, Dozent und Redner.
Sich für das Positive bewusst zu entscheiden, sei ein Willensakt, und daraus folge das Handeln. „Wenn man im Rollstuhl sitzt, weiß die Gesellschaft erstaunlicherweise, was man kann und was man nicht kann.“ Oft werde unterstellt, man könne mit einer Behinderung kein gutes Leben führen. „Lassen Sie sich nicht davon beeindrucken, was andere von ihnen denken – haben Sie den Mut, setzen Sie sich Ziele, verfolgen Sie ihren persönlichen Weg.“
Freudes Credo: Die Verantwortung für das eigene Glück und den eigenen Frieden trägt jede/r Einzelne selbst. Das sei zunächst eine Geisteshaltung und werde dann zur Lebensrealität, denn das Denken präge das Handeln und umgekehrt. „Hängen Sie sich eine Liste auf, auf der Sie Aktivitäten notieren, die sich glücklich machen oder ihnen Entspannung schenken. Und dann machen Sie das – regelmäßig“, riet er den Zuhörerinnen und Zuhörern. Es sei völlig normal und in Ordnung, auch mal einen schlechten Tag zu haben und sich Ruhe zu gönnen. Aber es sei gesellschaftlich tabuisiert, darüber zu sprechen.


Das Gastro-Team sorgte für gute Bewirtung.


Neue Chancen für Menschen mit Behinderung durch Digitalisierung und technische Hilfsmittel
Insgesamt erlebten die Gäste einen impulsreichen Sommerabend, den Cäcilie Kluth als Vorsitzende des Werkstatt-Rats im BWMK eröffnet hatte. Sie leitet das Gremium, das die Interessen der Menschen mit Behinderung in den Werkstätten des Sozialunternehmens vertritt. In ihrer Rede hob sie die positiven Aspekte von technologischer Entwicklung und Digitalisierung hervor, da dadurch neue Chancen und Unterstützungsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen entstehen. Wie das funktionieren kann, demonstrierte sie mit Hilfe des Service-Roboters „Viola“, der das Gastro-Team im Brockenhaus ergänzt und der Rednerin eine Tasse Tee ans Pult brachte.


Gut gelaunte Gäste des BWMK-Jahresempfangs 2025.

Joachim Hild, der Aufsichtsratsvorsitzende der BWMK gGmbH, warb in Anlehnung an ein Zitat von Mahatma Gandhi dafür, Einheit in der Vielfalt anzustreben. Es gelte gemeinsame Lösungen zu finden, die den Menschen dienlich seien und niemanden ausschlössen. Ankündigungen aus der Bundespolitik, das Budget für soziale Ausgaben zu kürzen, stimmten nachdenklich. Teilhabe sei ein zentrales Thema und werde durch die Initiativen und Angeboten des BWMK realisiert. Unter anderem nannte Hild als Beispiel den neuen Kita-Standort des BWMK in unmittelbarer Nachbarschaft der Sophie-Scholl-Schule, wo gemeinsames Lernen und Wachsen sowie eine enge Zusammenarbeit zwischen Kita und Schule zum Wohle der Kinder ermöglicht werde.

"Sei ein Mensch!"
Martin Berg, Vorsitzender der Geschäftsführung des BWMK, erinnerte an die Rede von Marcel Reif vor dem deutschen Bundestag zum Gedenken an die Holocaust-Opfer. Reifs Aufforderung „Sei ein Mensch“ lade dazu ein, sich die Bedeutung dieser Worte bewusst zu machen. Es liege an jedem Einzelnen, Menschen so zu begegnen, wie man sich das für sich selbst wünsche. „Das gilt auch für Teilhabe in der Gesellschaft – wir alle sind dafür verantwortlich, nicht nur Sozialunternehmen wie das BWMK.“

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