Teil des Hanauer Stadtlebens

Projekt des BWMK in der Langstraße 30 macht Menschen mit Behinderung im Alltag sichtbar

Heute gibt es Kürbissuppe: Der Duft von Gemüse und Gewürzen breitet sich im ehemaligen Ladenlokal in der Langstraße 30 aus. Vor Umbau und Renovierung wurden in den Räumen Haare geschnitten und frisiert, jetzt wird hier Alltag gestaltet: Menschen mit komplexen Behinderungen sind mittendrin im Stadtleben: Sie gehen einkaufen, kochen, arbeiten und kommunizieren.

Stadtleben: Der Name ist Programm und steht gut sichtbar an den Schaufenstern der Räumlichkeiten in der Langstraße. Hier in Hanaus Zentrum, unweit von Marktplatz und Forum, beteiligen sich Menschen mit komplexen Behinderungen am Alltag in einer Stadt, die von Vielfalt geprägt ist.
Dass diese Vielfalt positiv erlebt werden kann – daran arbeitet das Team des Amts für Demokratie, Vielfalt und Sport ebenso wie zahlreiche Vereine, Verbände und engagierte Bürger:innen.

Auch das BWMK hat es sich zur Aufgabe gemacht, Vielfalt zu fördern und Ideen zu entwickeln, die das gesellschaftliche Miteinander stärken. „Unser Fokus liegt darauf Voraussetzungen für Teilhabe zu schaffen und Menschen mit Behinderungen dabei zu unterstützen, aktiver Teil der Gesellschaft zu sein“ erklärt Geschäftsführerin Mareike Meister. Das beziehe sich auf alle gesellschaftlichen Bereiche wie zum Beispiel Bildung, Arbeit, Familie, Kultur, Freizeit. Das Sozialunternehmen schaffe Angebote und gestalte Initiativen, um Beispiele dafür zu geben, wie Menschen mit unterschiedlichen Merkmalen und Eigenschaften am Gemeinwesen teilhaben und sich einbringen können. „Alle gehören dazu“, so Meister, „gerade auch die Menschen, die wegen der Art und Schwere ihrer Behinderung intensive Unterstützung brauchen.“

Bürgermeister Dr. Bieri: Der Handel braucht neue Nachbarn
Im Projekt „Stadtleben“ wird es offensichtlich: Wenn passende Voraussetzungen geschaffen werden, können sich auch Menschen, die hohen Unterstützungsbedarf haben, am Leben im Stadtquartier beteiligen: Im Sommer bei der Pflege der Blumenkästen in der Lindenstraße und zu jeder Jahreszeit bei der Sauberhaltung der eigenen und der gegenüberliegenden Straßenseite. Schließlich ist die Langstraße Einkaufsmeile und geschichtsträchtig noch dazu: Ludwig Emil Grimm, der Maler und Bruder der berühmten Märchensammler, hat hier gewohnt. Bei der Suche nach geeigneten Räumlichkeiten für das Projekt wurde das BWMK von der Hanau Marketing GmbH unterstützt.


Die Menschen im "Stadtleben" sind dank Bürgermeister Dr. Bieri
nun Paten eines Baumes in Wilhelmsbad.

„Eines unserer Credos beim Stadtentwicklungsprogramm ‚Hanau aufLADEN‘ lautet: Der Handel braucht neue Nachbarn. Wir freuen uns sehr, dass das BMWK nun einer dieser neuen Nachbarn ist“, so Hanaus Bürgermeister Dr. Bieri. Ihn freue dabei besonders, dass der Name „Stadtleben“ auch für eine Haltung stehe: „Dass das BWMK sich nicht nur in der Innenstadt ansiedelt, sondern sie auch mit Aktionen bereichern und unterstützen will, passt wunderbar zum unserem ‚Komplizen-Gedanken‘.“ So soll das in diesem Jahr gestartete Pilotprojekt aus der Lindenstraße, wo BWMK, HMG, anliegende Händler und die Gärtnerei Löwer Hochbeete geschaffen haben, 2024 auch auf andere Innenstadtstraßen ausgeweitet werden. „Gemeinsam sorgen wir im wahrsten Sinne für ‚Stadtleben‘“, so Bieri.

Nach Renovierung und Einrichtung des ehemaligen Salons konnte im September 2023 der Einzug erfolgen. Zurzeit sind sechs Menschen aus der Tagesförderstätte Steinheim im „Stadtleben“ aktiv. Der Plan sei, die Gruppe zu erweitern und weitere Tätigkeiten zu übernehmen – gern auch in Absprache mit den Nachbarn und Geschäftsleuten in der Langstraße, erklärt Cornelia Zürn, die für die Tagesförderstätten im BWMK verantwortlich ist.

Unterstützte Kommunikation spielt eine wichtige Rolle
Das Konzept der Teilhabe mitten im Sozialraum solle auch in Schlüchtern und Gelnhausen erweitert werden, wo das BWMK weitere Tagesförderstätten für Menschen mit komplexen Behinderungen betreibt. Das Team unterstützt die Menschen bei der Strukturierung des Tages und der Planung und Ausführung der einzelnen Tätigkeiten. „Es ist uns wichtig, dass sich die Menschen als kompetent und anerkannt erleben können“, erklären die Gruppenleiterinnen Isabelle Heeg und Vanessa Puglisi. „Wir werden hier toll aufgenommen. Und die Nachbarn freuen sich, dass wir uns um das Straßenbild kümmern.“


Im "Stadtleben" wird gemeinsam gekocht und gegessen.

Für die Entwicklung der Menschen mit Behinderung gebe das Leben mitten in der Stadt viele Impulse – in Hinblick auf Kommunikation, aber auch bei der Bewältigung alltäglicher Aufgaben wie etwa auf den Verkehr zu achten oder den Einkauf zu erledigen. „Das sind hier mitten im Zentrum noch Mal ganz andere Anreize als in einer anderen Umgebung“, stellt Cornelia Zürn fest. Da die Menschen sich vielfach nicht lautsprachlich ausdrücken können, spiele Unterstützte Kommunikation eine entscheidende Rolle: Mit Hilfe von Fotos, Symbolen und Sprachausgabegeräten werden Tätigkeiten, soziale Situationen und auch Emotionen erklärt und verständlich gemacht.


Aktivitäten und Erfolge im Alltag werden dokumentiert
Auch bei der Einrichtung der Räume ist das sehr wichtig und hilfreich: Beispielsweise sind die Schränke allesamt mit Bildern und Symbolen gekennzeichnet – so wissen alle, wo Tassen, Teller, Lebensmittel oder andere Dinge des täglichen Bedarfs zu finden sind. Aber auch die Aktivitäten werden dokumentiert – zum Beispiel Alltags-Erfolge wie das selbstständige Bedienen eines Aufzugs oder das Bezahlen des Einkaufs.
In der Langstraße und der Hanauer Innenstadt sind Menschen mit Behinderungen sichtbar – und sie beteiligen sich. Sie sind Teil des Stadtlebens – und das im doppelten Sinn.

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