Aufbruch in den Wandel
Martin Berg eröffnet letzte Werkstätten:Messe in Nürnberg / 16. Laufzeit mit vielen Botschaften für die Zukunft
Aufbruch in den Wandel - das beschreibt die Stimmung bei der vorerst letzten Werkstätten:Messe in Nürnberg. Martin Berg, Vorstandsvorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen (BAG WfbM), hat die viertägige Veranstaltung in Halle 12 des Messezentrums am 19. April eröffnet. Seine Botschaft: "Werkstätten sind nach wie vor ein wichtiges System des Nachteilsausgleichs für Menschen mit Behinderung, die keine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt finden." Aller Kritik zum Trotz sicherten die Werkstätten Teilhabe am Arbeitsleben und berufliche Qualifizierung. Gleichwohl müsse man weiter an Innovationen arbeiten, die Reform des Entgeltsystems sowie sinnvolle Digitalisierungsprozesse in den Werkstätten vorantreiben. "Ich bin überzeugt, dass die Menschen in der Werkstättenlandschaft das Potenzial haben, diesen Wandel von innen heraus zu gestalten." Zur Entgeltreform habe die BAG WfbM profunde Vorschläge erarbeitet - es komme auf den gesellschaftlichen und politischen Willen an, wie diese umgesetzt werden können. "Sicher ist, dass Menschen mit Behinderungen von ihrer Arbeit leben können sollten", so Berg.
Gestaltung der anstehenden Reformprozesse
Dass die Beschäftigten und das Personal der Werkstätten in Deutschland Gehör finden, zeigte das hohe Interesse von Politiker:innen und Berhörden-Vertreter:innen an der Werkstätten:Messe. Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König skizzierte in seiner Begrüßungsrede die vielfältigen Initiativen in seiner Stadt zur Einbindung von Menschen mit Behinderungen in das Arbeits- und gesellschaftliche Leben. Dabei spielten Werkstätten und Inklusionsbetriebe als Impuslgeber und Gestalter eine wichtige Rolle.
Auch Dr. Markus Gruber, Amtschef im Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales, unterstrich die Bedeutung der Gestaltungskraft der Werkstätten, die jetzt und in Zukunft unverzichtbar sei - vor allem auch bei den anstehenden Reformprozessen.
Schaffung digitaler Infrastruktur in Werkstätten gefordert
In einer von dem Fernsehjournalisten Markus Othmer moderierten Gesprächsrunde ging es um die Digitalisierung in den Werkstätten. Claudia Reif, Bereichsleiterin für berufliche Rehabilitation und Inklusion in der Bundesagentur für Arbeit, Dr. Markus Gruber, Martin Berg und Lulzin Lushtaku, Vorstandsmitglied der Werkstatträte Deutschland, diskutierten über Chancen und Möglichkeiten, welche die Digitalisierung insbesondere für Menschen mit Behinderung bietet. Hier fordert die BAG WfbM eine dauerhafte und nachhhaltige Finanzierung von digitaler Infrastruktur in den Werkstätten. Überdies müssten Personal und Menschen mit Behinderung die Möglichkeit haben, Schlüsselkompetenzen im Umgang mit digitalen Assistenzsystemen und weiteren Instrumenten zu erwerben und der technischen Entwicklung entsprechend zu aktualisieren. Lulzin Lushtaku brachte es auf den Punkt: "Wir brauchen weniger Konzepte, sondern gelebte Praxis." In den Werkstätten hätten die meisten Beschäftigten weder Zugang zum Internet, noch gebe es dort funktionsfähiges WLAN. Gerade im Arbeitsleben sowie bei der beruflichen Bildung spielten digitale Systeme eine zunehmend wichtige Rolle, um Menschen mit Behinderung Teilhabe und Entwicklung zu ermöglichen beziehungsweise zu erleichtern.
Statt Messe: Werkstätten-Kongress 2025
Nichts ist beständiger als der Wandel: Ihren Ursprung hatte die Werkstätten:Messe in den 1980er Jahren in Baunatal, wanderte über Stationen in Frankfurt und Offenbach 2006 nach Nürnberg und erlebte dort mit zeitweise weit über 20.000 Besucher:innen große Erfolge. Dafür dankte Berg auch den Verantwortlichen der Messe sowie der Stadt Nürnberg, welche die Veranstaltung stets vorbildlich unterstützt hätten.
Während der Pandemie-Jahre von 2020 bis 2022 sei die Messe zweimal komplett ausgefallen, und 2021 als digitaler Kongress veranstaltet worden, berichtete Martin Berg. Es habe sich allerdings zuvor schon deutlich gezeigt, dass die Messe als Verkaufsplattform von Werkstätten-Produkten und Handelsplatz immer mehr an Bedeutung verloren habe. Dem Austausch über Innovationen, gesellschaftliche und politische Entwicklungen sowie Teilhabe-Konzepte komme eine immer größere Bedeutung zu. Das zeige das ungebrochen große Interesse am Fachvortragsprogramm, das fester Bestandteil des Messeangebots ist. Eine Arbeitsgruppe der BAG WfbM beschäftigt sich schon seit geraumer Zeit mit der Gestaltung eines neuen Veranstaltungsformats. Und so können alle Interessierten gespannt sein auf einen Werkstätten:Kongress mit Fachausstellung, der 2025 in einer bekannten deutschen Stadt Premiere haben wird.